Natürlich wollte ich bei meinem Besuch auch Helplinge persönlich kennenlernen und befragen. Man stellte mir Verena Weinert zur Verfügung, eine selbständige Kleinunternehmerin mit Gewerbeschein, die neben Helpling auch noch andere Kunden hat. Verena erzählte mir von ihrem Arbeitsalltag. Von Menschen, die sie anfordern, damit sie die unschönen Hinterlassenschaften der letzten Party beseitigt. Von anderen, die darauf bestehen, dass sie mit Putzmitteln aus dem Reformhaus putzt. Wie sie mit dem Fahrrad von Kunde zu Kunde tourt und wie sie abends am Computer ihren Zeitplan bearbeitet. Denn klar ist: Je weitere Wege sie auf sich nimmt und je größer die Zeitspanne, die sie im System als „verfügbar“ einträgt, umso mehr Aufträge kriegt sie. Ihr Fazit: „Man kann davon leben.“ Aber man muss extrem flexibel sein als Helpling. Wie jeder Selbständige muss Verena ihre Einkünfte versteuern, sich selbst krankenversichern – und wenn sie mal krank ist oder aus anderen Gründen keine Aufträge reinkommen, verdient sie gar nichts. Trotzdem war der Weg zu Helpling für sie ein wahrer Segen, sagt sie:
P.S. Nicht alle Helplinge sind ausschließlich Putzunternehmer. Bereits im Oktober hatte ich Helpling selbst ausprobiert, sozusagen undercover. Ich wollte herausfinden, ob und wie das System funktioniert. Ob ich es schaffe, mir montags eine Putzhilfe zu ordern, die am Freitagnachmittag bei mir zuhause saubermacht. Am Mittwoch kam die Nachricht, ein Herr hätte meinen Auftrag angenommen. Am Freitag kam ein sehr netter junger Mann, der hervorragend geputzt hat. Der mir meine Fragen über sein Leben zwar ausführlich beantwortet hat, aber nicht ins Mikro sprechen wollte. Der Grund: Es handelte sich um einen selbständigen ITler, der gerade nicht so viele Aufträge hatte. Und der die Möglichkeit nutzte, anonym bei Fremden putzen zu gehen, um seine Schulden bei der Krankenversicherung abzuzahlen. ER fand diese Idee super , ICH kam ins Grübeln. Hatte ich da gerade eines der ersten Exemplare des am Existenzminimum lebenden „Mikrounternehmers“ getroffen, dessen Alltag wir bald alle „teilen“ werden – wenn man den Kritikern der Sharing Economy Glauben schenkt?
Dazu hier: Richard David Precht spricht mit Internetvordenker Sascha Lobe über die Frage: Was wird aus den Arbeitsplätzen? Macht das Netz arbeitslos – oder schafft es vielleicht ganz neue Formen der Arbeit? (20.10.2014)
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NACHTRAG für alle, die es noch nicht selbst ausprobiert haben: So funktioniert Helpling:
Ein Kunde braucht eine Putzkraft für zwei Stunden, zum Beispiel am kommenden Freitag in der Zeit zwischen 13 und 18 Uhr. Er registriert sich im Portal und gibt seinen Wunsch ein. Findet sich einen Putzkraft, die zu dieser Zeit, an diesem Ort und bei diesem Menschen putzen will, klickt sie in ihrem System auf „Auftrag annehmen“. Der Kunde wird per Mail informiert. Am Freitag kommt die Putzkraft und putzt. Fertig.
Irgendwann später bewerten sich Kunde und Putzkraft gegenseitig. Außerdem wird vom Portal im Namen der Putzkraft eine Rechnung erstellt, die der Kunde automatisch per Mail zugeschickt bekommt. Das Geld wird von seiner Kreditkarte abgebucht und abzüglich der „Provision“ an die Putzkraft weiterüberwiesen.Alles sauber und legal. Vor allem aber schnell und bestechend einfach.
Doch was ist daran „Sharing Economy“?
Geschäftsführer Benedikt Franke sagt dazu: „Die Reinigungsunternehmer, die teilen letztendlich ihre Zeit und ihre Fähigkeiten mit Haushalten. Und die Haushalte, die teilen letztendlich auf ihre Art auch die Fähigkeiten und die Zeit, die sie haben – indem sie sie auf andere Tätigkeiten verwenden als z.B. die Haushaltsreinigung – mit den Reinigungsunternehmern. Indem es dafür ne Bezahlung gibt.“ Kurz: die Putzkräften teilen ihre Zeit und ihre Arbeit, die Kunden ihr Geld. Alle ihre Zeit. Und ihre Daten.